Blick auf Baden.
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Einfach mal runterkommen: Weine aus der Thermenregion

Keine halbe Stunde mit der Bahn von Wien entfernt, liegt eine der aufregendsten, aber wahrscheinlich auch unbekanntesten Weinregionen Österreichs: die Thermenregion. Ihr Name geht auf die schwefelhaltigen Quellen im Kurort Baden zurück (nachgeschwefelt werden müssen die Weine trotzdem …), die schon bei den Römern bekannt wie beliebt waren. 

Es ist zugleich das südlichste und heißeste Anbaugebiet Niederösterreichs. Im Norden schirmen die Höhen des Wienerwalds das Gebiet ab, zum Süden hin öffnet sich die Thermenregion dem pannonischen Klima.

Schild: Weinstraße Thermenregion.
Schön auf dem rechten Pfad der Tugend bleiben!

Zierfandler und Rotgipfler – Batman und Robin aus Gumpoldskirchen

Dort, also im wärmeren Süden, wird vor allem Rotwein (Pinot Noir und St. Laurent) angebaut. Im Norden – rund um den Ort Gumpoldskirchen – macht man sich vor allem mit den autochthonen Sorten Zierfandler und Rotgipfler einen Namen. Beide Rebsorten besitzen übrigens erst seit 2023 den DAC-Status und dürfen sich somit gebietstypischer Qualitätswein nennen. Außerdem ergänzen sich beide Sorten hervorragend miteinander, sodass sie häufig miteinander assembliert werden. 

„Ergänzen sich als Cuvée vollinhaltlich“

Einer, der sich bestens damit auskennt, ist Florian Alphart vom gleichnamigen Weingut Alphart. Sein Betrieb sitzt in Traiskirchen, unweit von Baden entfernt, und hat neben dem österreichischen Rebsortenadel auch eine Cuvée aus Zierfandler und Rotgipfler im Portfolio. Doch was macht den Reiz des Zusammenlegens dieser beiden Sorten eigentlich aus?
„Die Sorteneigenschaften der beiden Rebsorten sind sehr unterschiedlich: Rotgipfler – die etwas früher reifende Sorte, vom Habitus eher breitschultrig und zumindest zurückhaltend aromatisch“, erklärt Alphart und fährt fort: „Zierfandler wird deutlich später reif und stets mit höheren Säurewerten geerntet – aromatisch eher ein Purist. Gerade diese beiden ergänzen sich als Cuvée vollinhaltlich!“

Das Ganze hat zudem den Vorteil, dass jahrgangsübergreifend stets ein ähnliches Geschmacksprofil erzielt werden kann – selbst wenn ein Jahr mal aus der Art schlägt, positiv wie negativ.

„Gumboldskirchener Tradition“ – mal Reinisch Wein einschenken

Ein weiterer Vorteil: Als Essensbegleiter ist das gemischte Doppel vielseitig einsetzbar – gerade beziehungsweise unbedingt zu Fischgerichten. Direkt vor mir im Glas habe ich die Zierfandler-Rotgipler-Cuvée von Alphart sowie auch das Pendant vom Johanneshof Reinisch aus Tattendorf – die „Gumboldskirchener Tradition“.

Die Zierfandler-Rotgipfler-Cuvée vom Weingut Alphart und die "Gumpoldskirchener Tradition" vom Johanneshof Reinisch.
Thermalwässerchen zur inneren Einreibung.

Beim Alphart fällt einem direkt ein Hauch von Exotik ins Auge beziehungsweise die Nase. Maracuja lässt hier leise Erinnerungen ans letzte „Split“-Eis zurück ins Gedächtnis rücken. Die fruchtige Säure bringt großen Spaß – hier scheint vor allem der Zierfandler gut durchzukommen. Nachhall!

Die „Gumpoldskirchener Tradition“ ist dagegen deutlich verhaltener in der Nase – von Maracuja und Co. keine Spur, eher Orangenzeste und Mitbringsel aus dem Kräutergarten. Dafür wird hier mehr die mineralische Karte (Salz) ausgespielt. Dieser Wein tritt insgesamt etwas kraftvoller auf, tatsächlich aber – im direkten Vergleich – weniger durchsetzungsfähig im Abgang.

Schon diese beiden Kostproben zeigen, welch unterschiedliche Wege eine Zierfandler-Rotgipferl-Cuvée aus der Thermenregion einschlagen kann.

Klassischer Tapetenwechsel: Auch Beethoven war gern hier 

Ob zu Hause im Weinglas oder direkt vor Ort und dann am besten in einem der zahlreichen Heurigen – die Thermenregion ist zweifelsfrei einen Exkurs wert. Als Einheimischer hält sich Florian Alphart aber lieber zwischen den einzelnen Ortschaften auf als mittendrin: „Hier gibt es viel Natur, Weinkultur und Landschaft zu genießen. Gemütliche Spazierwege führen an geschichtsträchtigen Lagen vorbei und durchaus familientaugliche Wanderrouten durchziehen die gesamte Wienerwaldregion.“

Urbanuskapelle
Die Urbanuskapelle – im Dreieck zwischen Baden, Traiskirchen und Gumpoldskirchen.

Das wusste übrigens auch schon Ludwig van Beethoven zu schätzen, zu dessen langjähriger Sommerfrische der Kurort Baden zählte (und was den Wein betrifft, war der Komponist nachgewiesenermaßen auch alles andere als ein Kostverächter).

Und da in Baden der Name durchaus Programm ist, empfiehlt es sich – neben dem Lieblingsweinglas – auch die Speedo-Badehose oder den Badeanzug mit einzupacken. Aber nicht vergessen: Don’t drink and dive.

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